Basisinformationen

Die Entwicklung des räumlichen Wahrnehmungs- und Vorstellungsvermögens ist eine zentrale Aufgabe des Geometrieunterrichts der Grundschule.

Das Bauen mit Würfeln ist eine geometrische Aktivität, die mit unterschiedlichen Anforderungen in allen Klassenstufen eingesetzt werden kann und wie folgt im Lehrplan NRW Mathematik verankert ist:
(MSW NRW, 2008, S. 62 ff.)

"Die Schülerinnen und Schüler...

  • untersuchen die geometrischen Grundformen Rechteck, Quadrat, Dreieck und Kreis, benennen sie und verwenden Fachbegriffe wie "Seite" und "Ecke" zu deren Beschreibung (Komeptenzerwartungen am Ende der Schuleingangsphase).
  • beschreiben Lagebeziehungen zwischen konkreten oder bildlich dargestellten Gegenständen (Kompetenzerwartungen am Ende der Schuleingangsphase).
  • ordnen Bauwerken ihre zwei- und dreidimensionalen Darstellungen zu und erstellen Bauwerke nach Plan (Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4).
  • nutzen Gitterpapier und Punkteraster zum Zeichnen von ebenen Figuren und Würfelgebäuden (Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4).
  • beschreiben räumliche Beziehungen anhand von bildhaften Darstellungen, Anordnungen, Plänen etc. und aus der Vorstellung (Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4).
  • bewegen ebene Figuren und Körper in der Vorstellung und sagen das Ergebnis der Bewegung vorher (Kompetenzerwartungen am Ende der Klasse 4)."

Die genannten geometrische Aktivitäten wie Bauen, Zusammensetzen, Zerlegen und Zeichnen ermöglichen "gerade auch Kindern, die im arithmetischen Bereich Lernschwierigkeiten zeigen, Autonomie- und Kompetenzerfahrungen, die sich im Weiteren positiv auf die gesamte mathematische Lernentwicklung auswirken können" (Nührenbörger & Pust, 2008, S.163). Die Erfahrungen im handelnden Umgang mit Körpern und deren Eigenschaften stehen folglich im Vordergrund, da die Grundschulzeit eine wichtige Phase für die Entwicklung des räumlichen Wahrnehmungs- und Vorstellungsvermögens bietet. 

Räumliches Vorstellungsvermögen

Anschaulich kann Raumvorstellung umschrieben werden als die Fähigkeit, in der Vorstellung räumlich zu sehen und räumlich zu denken. Sie geht über die sinnliche Wahrnehmung hinaus, indem die Sinneseindrücke nicht nur registriert, sondern auch gedanklich verarbeitet werden. So entstehen Vorstellungsbilder, die auch ohne das Vorhandensein des realen Objektes verfügbar sind. Dabei ist zu betonen, daß Raumvorstellung sich jedoch nicht darauf beschränkt, diese Bilder im Gedächtnis zu speichern und - in Form von Erinnerungsbildern - bei Bedarf abzurufen. Vielmehr kommt die Fähigkeit, mit diesen Bildern aktiv umzugehen, sie mental umzuordnen und neue Bilder aus vorhandenen vorstellungsmäßig zu entwickeln, als wichtige Komponente hinzu
Maier, 1999, S.14

Raumvorstellung als räumliches Vorstellungsvermögen ist folglich komplex und lässt sich in die Bereiche "Raumwahrnehmung, Raumvorstellung sowie Räumliches Denken" (Besuden 1984) mit folgenden Charakteristika unterteilen:

Text im Bild ist auf kleinem Display nicht lesbar (siehe auch https://pikas.dzlm.de/node/1221)

Wahrnehmung und Vorstellung sind eng miteinander verbunden und bedingen sich wechselseitig (vgl. Maier 1999 S. 14). Ausgehend von der konkreten Handlung am Material ist es zur Entwicklung des räumlichen Vorstellungsvermögens wichtig, die Handlung des Bauens (enaktiv) mit zweidimensionalen Darstellungen der Würfelgebäude zu verknüpfen und diese ineinander zu übertragen. Ein dreidimensionales Würfelgebäude kann beispielsweise in eine zweidimensionale Ansichtszeichnung oder ein Schrägbild übertragen werden (ikonisch). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Würfelgebäude in Bauplänen festzuhalten (symbolisch) oder mit Worten zu beschreiben. Die folgende Grafik zeigt die unterschiedlichen Darstellungsformen von Würfelgebäuden und verdeutlicht die Möglichkeiten des Darstellungswechsels zwischen ihnen. Im Unterricht sollten verschiedene Darstellungsformen aufgegriffen und in Beziehung zueinander gesetzt werden. 

Themenfelder der Dokumente

Die Auseinandersetzung mit Würfelgebäuden ermöglicht eine Vielzahl verschiedener Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Wichtig ist, dass die Anforderungen der jeweiligen Aufgabe dem Entwicklungsstand des räumlichen Vorstellungsvermögens des Kindes entsprechen und dass sie vielfältige Handlungen mit konkretem Material ermöglicht, wie z.B. Würfelgebäude bauen, Würfelgebäude beschreiben und Seitenansichten zu Würfelgebäuden zuordnen und zeichnen. 

In den folgenden Dokumenten wird zu diesen drei Tätigkeitsfelden - Würfelgebäude bauen, Würfelgebäude beschreiben und Seitenansichten zuordnen und zeichnen - jeweils eine Ausgangsaufgaben aus dem Blickwinkel der vier Schwerpunktthemen Prozessbezogene Kompetenzen ausbauen, Matheschwierigkeiten begegnen, Sprachbildend unterrichten und Mathestärken fördern betrachtet und diese anhand exemplarischer Unterrichtsanregungen für die Umsetzung im Unterricht konkretisiert. 

Würfelgebäude bauen

Ausgangsaufgabe

Baue möglichst geschickt verschiedene Würfelgebäude mit vier Würfeln und schreibe zu jedem Gebäude den passenden Bauplan. 

Kinder bringen aus ihrer persönlichen Lebenswelt häufig schon vielfältige Erfahrungen zum Bauen mit in die Schule. Sie haben zu Hause oder im Kindergarten mit "Duplosteinen", "Legosteinen" oder Bauklötzen gebaut und dabei hohe Türme, Fantasiegebäude oder auch Gegenstände nach Anleitung gebaut. Diese Vorerfahrungen lassen sich mit den Holzwürfeln aufgreifen, die zum freien Bauen animieren. Nach einer freien Probierphase, lernen die Kinder nach vorgegebenen Bauregeln zu bauen. Bei den Würfelgebäuden umfassen die Regeln, dass nur Fläche an Fläche gebaut werden darf, d.h. es können keine Würfelmauern entstehen und freistehende Würfel bilden wieder ein neues Gebäude. Darüber hinaus, kann zu jedem Würfelgebäude ein Bauplan geschrieben werden, mit dessen Hilfe ein Gebäude jeder Zeit erneut aufgebaut werden kann. Sowohl die Bauregeln, als auch das Schreiben von Bauplänen sollte den Kindern vor der Bearbeitung der oben genannten Ausgangsaufgabe bekannt sein. 

Die Aufgabe, möglichst geschickt verschiedene Würfelgebäude mit vier Würfeln zu bauen, bietet, neben der Vertiefung des Erstellens von Würfelgebäuden und Bauplänen (Darstellungen vernetzen) und der Schulung des räumlichen Vorstellungsvermögens, vielfältige Möglichkeiten, auch Kompetenzen im Bereich Problemlösen zu fördern. Dabei lassen sich insgesamt 15 Würfelgebäude bauen, welche sich in ihrer Raumlage von einander unterscheiden. Dadurch, dass die Kinder möglichst geschickt vorgehen sollen, werden ihre Vorgehensweisen beschrieben und verglichen, sowie vielfältige Lösungsstrategien, wie z.B. immer einen Würfel versetzen oder Würfelgebäude kippen, erarbeitet. Darüber hinaus werden die Kinder dazu angeregt bereits gebaute Würfelgebäude miteinander zu vergleichen, indem sie Würfelgebäude zunächst mit der Bauunterlage (enaktiv) und später gegebenenfalls im Kopf drehen, um zu überprüfen, ob sie eine neue Lösung gefunden haben. Je nach Entwicklungsstand des Kindes können die Lösungen handelnd am konkreten Material oder bereits kopfgeometrisch gefunden werden. Dadurch bietet diese Aufgabe viel Potential den heterogenen geometrischen Lernvorraussetzungen einer Lerngruppe gerecht zu werden. 

Würfelgebäude bauen

Würfelgebäude beschreiben

Ausgangsaufgabe

Beschreibe einem anderen Kind, wie du

dein Würfelgebäude baust, so dass es das

Würfelgebäude genau nachbauen kann. 

Um, neben anderen Darstellungen (Bauplan, Schrägbild), auch die Sprache als Darstellungsweise mit den Würfelgebäuden zu verknüpfen und auf diese Weise einen weiteren Darstellungswechsel zu vollziehen, ist es sinnvoll, die Beschreibung von Bauvorgängen in den Mittelpunkt zu rücken. Auf diese Weise lernen die Kinder Wörter und Formulierungshilfen kennen und nutzen, die ihnen dabei helfen, ihre räumlichen Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen. Dafür benötigen die Kinder neben dem Wortschatz zum Thema "Würfelgebäude" ("Bauplan", "Bauunterlage", "Würfel", "Würfelgebäude", "Fläche", etc.), vor allem lokale Präpositionen ("links neben", "rechts neben", "auf", "unter", "hinter", etc.) und vorgegebene Satzbausteine ("Ich lege den ersten Würfel ...", "Ich baue einen Dreier-Turm.", etc.). Die Bauanleitung kann dabei mündlich und/oder schriftlich formuliert werden. Darüber hinaus bietet die Aufgabe die Herausforderung, dass sich die Kinder das Würfelgebäude, welches von einem anderen Kind gebaut und beschrieben wird, mental vorstellen müssen. Auf diese Weise wird das mentale Operieren mit geometrischen Körpern angebahnt. Als Aktivität für die gesamte Klasse oder für eine Kleingruppe kann eine gute Bauanleitung wie ein "Würfeldiktat" (Hirt & Wälti, 2008, S. 252) verwendet werden: Ein Kind oder die Lehrkraft beschreibt ein Würfelgebäude und die Kinder bauen es nach.

Würfelgebäude beschreiben

Seitenansichten zuordnen und zeichnen

Ausgangsaufgabe

Baue ein Würfelgebäude mit den drei 

vorliegenden Seitenansichten und zeichne

die fehlende Seitenansicht. 

Wie hast du die Seitenansicht gefunden? 

Die Aufgabe, ein Würfelgebäude zu drei vorgegebenen Seitenansichten zu bauen und die vierte Seitenansicht zu zeichnen, bietet die Möglichkeit, dass die Kinder verschiedene Perspektiven zu einem Würfelgebäude einnehmen müssen. Bei der vorgegebenen Aufgabe müssen die Kinder sich diese Sichtweisen bereits mental vorstellen, können sie jedoch durch das Bauen des Würfelgebäudes am konkreten Material überprüfen. Sie dürfen dazu um den Tisch herumlaufen oder können das auf einer Bauunterlage erstellte Würfelgebäude drehen, um so die verschiedenen Seitenansichten zu überprüfen. Die erfolgreiche Bearbeitung dieser Lernaufgabe setzt jedoch voraus, dass die Kinder einem bestehenden Würfelgebäude bereits Seitenansichten zugeordnet und Seitenansichten gezeichnet haben und Würfelgebäude und ihre Abbildungen zueinander in Beziehung setzen können. Das Zeichnen der Seitenansicht als zweidimensionale Darstellung führen sie nach feststehenden Regeln (immer unten anfangen zu zeichnen - keine schwebenden Würfel, die größte Anzahl der übereinanderstehenden Würfel einer Spalte wird gezeichnet) durch. Das Besondere an dieser zweidimensionalen Darstellung ist, dass nicht jeder einzelne Würfel des Würfelgebäudes in der Seitenansicht sichtbar wird. Auf diese Weise können auch die Grenzen dieser Darstellung in Bezug auf die Eindeutigkeit des entstehenden Würfelgebäudes beschrieben werden. Anders als bei den eindeutigen Bauplänen, die eine genaue Darstellung des Würfelgebäudes ermöglichen, können bei einem Bauen nach Seitenansichten durch "versteckte" Würfel verschiedene Würfelgebäude entstehen.

Seitenansichten zuordnen und zeichnen

Material und Informationen

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